Hab es - und von einem "obergeil" ist es bei mir weit entfernt.
Seit Medieval 2 habe ich nun auf Shogun 2 gewartet bzw gehofft. Dass nun mittlerweile soviel Zeit vergangen ist, merkt man dem Spiel leider kaum an.
Nach Rome hätte es die nächste Evolutionsstufe eingenommen, nun aber ist es bereits der dritte Titel der mit Weiterentwicklung geizt.
Echte Neuerungen halten sich in Grenzen, dafür wird mit einer KI geprahlt die "basierend auf Sun Tzus Regeln der Kriegskunst entwickelt wurde".
Ich bin wirklich kein Feind der bissherigen TotalWar-KI, aber diese Beschönigung ist mehr als lachhaft. Naja, immerhin hat man es endlich geschafft der KI Formationen näherzubringen - diese "Breite Front Doktrin" war ja auch meist suboptimal.^^ Ansonsten muss man sich halt nur dran gewöhnen dass auch mal ein paar Reiter von der Flanke her antraben könnten - sofern denn in den ersten 20 Runden überhaupt mal welche in der Truppenkombo vertreten sind. Auch gerne angepriesen wurden ja die neuen Belagerungsschlachten. Diese wurden meiner Meinung nach auf das Einfachste reduziert, dem Szenario sei dank. In Rome und Medieval waren es noch Städte und stadtähnliche Burgen, in Empire kämpfte man schon selbst bei Angriffen auf große Städte gegen eine Festung bestehend aus einem dicken Wall. Shogun treibt dieses Prinzip nun zur Perfektion und bietet mehrstufige Plateaus welche von Zinnen umgeben sind.
Versteht mich nicht falsch: Ich finde diese Einfachheit durchaus ansprechend, nur sehe ich darin seit Medieval 2 den konsequenten Versuch den eigenen Problemen auszuweichen.
Shogun 1 und Medieval 1 mal auslassend, haben die Belagerungsschlachten eigentlich erst richtig mit Rome angefangen und waren auch sehr unterhaltsam. Wie zum Teufel schafft man es aber dieselben Schlachten in Medieval 2 so zu verhunzen? Wenn ich nur daran denke wie diese unsichtbaren Grenzen mich daran gehindert haben, Einheiten dort zu positionieren wo ich es wollte.
Die konfuse Wegfindung auf Mauern hat dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt. Aber diese Probleme hat man ja elegant umgangen, indem einfach alle Belagerungswaffen und sonstige unnütze Gebäude gestrichen wurden. Das Ergebnis sieht man in Empire und nun auch Shogun 2. Arge Probleme habe ich auch mit den Bogenschützen. Ich finde es schön dass diese endlich merklichen Schaden anrichten, müssen sie deshalb aber von einem entlegenem Hügel bis auf die andere Seite meines Schlosses schießen können? In Kombination mit der Tatsache dass der Gegner nun auf jeder Seite der Karte spawnen kann, gleicht es einem Spießrutenlauf wenn man die eigenen Truppen vom einem Ende der Befestigungen zum anderen hetzt und sie schon auf halbem Weg(!) von spitzen Geschossen des Angreifer empfangen werden. Der ist in der Regel nämlich schon vor mir am Wall und empfängt meine Verteidiger fachgerecht als hätte man die Rollen getauscht.
In diesem Zusammenhang ist mir auch die Spielgeschwindigkeit sowie der Schwierigkeitsgrad ins Auge gefallen. Meine Schützen kommen meist nur zu einem Schuss, danach dürfen sie Sperrfeuer in die eigenen Reihen abgeben. Ich habe irgendwie ständig das Gefühl als würde ich den Zeitraffer aktiviert haben. Allein die Marschgeschwindigkeit der Infanterie erlaubt es kaum mit einem Auge auf den Details der Figuren zu bleiben. Würde aber wohl in die heutige Spielentwicklung passen : einfacher, schneller, kompakter, kürzer...
Auffallend ist auch der Schwierigkeitsgrad. Bissher habe ich nur einmal auf normal und sonst auf schwer gespielt. Schlachten gegen eine Übermacht gewinnt man zwar immernoch, die eigene Armee ist danach meist aber dermaßen gerupft, dass sie 5 Runden braucht um wieder auf volle Stärke zu gelangen (nicht auszudenken welchen Boost der Gegner bei "Legendär" erhält). Und da kommen wir schon zum nächsten Problem, denn ich empfinde das Spiel auf der Kampagnenkarte als äußerst unfair. Mein erstes Spiel habe ich mit den Shimazu, welche als "leicht" eingestuft werden, auf dem Schwierigkeitsgrad "normal" absolviert. Nach ersten Startschwierigkeiten war Kyushu dann doch recht schnell erobert, doch schon dort kam ein grundlegendes Problem von Shogun zum tragen:
Das Einkommen reicht (anfangs) meist nur für eine Armee - einen Split kann man sich außerdem nicht erlauben weil die KI ihr Kontingent voll ausschöpft und meisst mit zahlenmäßiger Überlegenheit auftrumpft (selbst die kleinen Klans, welche nur auf einer Stadt hocken). Kriminell wird es dann, wenn sich ein weiterer Klan einmischt oder einen die Karte gar dazu zwingt (die Gebirge bilden nicht grundlos solch schöne Schläuche wie man sie aus Rollenspielen kennt) die Armee weitab der eigenen Stadt marschieren zu lassen um dem Gegner überhaupt mal eine Stadt abnehmen zu können. Ich kann da von einem schönem Beispiel berichten: Mit den Shimazu hat man nach der ersten (Quest-)Eroberung 2 Städte. Danach gelangt man dank des Gebirges nurnoch zu 2 weiteren Städten. Dank der überragenden Diplomatie der Total War Reihe, bekommt man fast zwangsläufig nach wenigen Runden etliche Kriege aufgebrummt, obwohl man rein garnichts unternommen hat und die kriegserklärenden Klans sogar vorher noch mit einem gut gestellt waren. Folge auf Kyushu waren also Kriege gegen 2 Klans: Wollte ich eine der 2 Städte angreifen, war meine andere Seite ungeschützt und der zweite Kriegsgegner kam postwendend mit einer überlegenen Armee aufmarschiert. Getrennt durch das Gebirge haben sich meine Armee und die des Gegner also immer abwechselnd nach oben und unten verschoben und sich somit gegenseitig neutralisiert - nur einen Fortschritt gab es auchnicht. Letztendlich habe ich meine Chance genutzt und eine der Städte schnell erobert als die andere Armee ein Stück zu weit von meinen anderen Städten entfernt war. Eine Einheit zurücklassen und hoffen das 1.) keine Revolte ausbricht und 2.) keine Armee über den langen Weg im Norden hinter der neuen Stadt auftaucht, danach ging es wie der Blitz zum Anfang der "Gebirgsschläuche" und ich konnte Kyushu von unten nach oben aufrollen.
Mittlerweile spiele ich "normale" Klans auf schwer - und der Frust steigt stetig. Die Hojo stellen ein Paradebeispiel dar: Mittlerweile dürfte ich ca 10 Versuche nach den ersten paar Runden aufgegeben haben! Beispiel: Per Quest erobere ich die erste Stadt meines Feindes (und einzigen Zieles - durch das Gebirge gelange ich ansonsten nur zu einem befreundeten Klan), woraufhin mir der benachbarte, freundlich gesinnte Klan den Krieg erklärt. Mit etwas Pech verliert man hier bereits 2 von 3 Städten, da die eigene Armee für den Rückweg mehrere Runden benötigt und der Gegner schon mit Kriegserklärung die Grenze überschreitet. Trotzdem bekommt man den Angriff abgewehrt und nach einem Bündniss mit dem Bündniss des Feindes (den Takeda) geht es gegen die Verräter von eben.
Kein Problem wenn man nur in eine Richtung laufen muss...blöd nur das meine neu eroberte Provinz direkt wieder von einem neuen, unbekannten Klan angegriffen wird - natürlich mit 1000-2000 Mann großen Armeen. Die eigene Armee ist mal wieder zu weit im Feindesland und kann nicht eingreifen, doch mit etwas Glück kann der Angriff auf meine zweite Stadt abgewehrt werden. Im direkten Gegenschlag hole ich mir die verlorene Provinz wieder und gehen gleichzeitig gegen meinen alten Feind vor, der nurnoch über eine Provinz verfügt. Schön denk ich mir, 5 Provinzen im Besitz und 2 Armeen welche links und rechts absichern können. Falsch! Mit Eroberung und Auslöschung des zweiten Kriegsgegners, erklären mir postwendend die Tokugawa den Krieg und kommen natürlich umgehend mit einer Armee an: 5000 (weitere 2000 waren außer Reichweite) zum größten Teil verbesserte Einheiten gegen meine 3000 abgekämpften Krieger ->
Danach dauerte es ca 3-4 Runden bis ich nurnoch über eine Provinz verfügte. In der gesamten Spielzeit habe ich einzig ein Gebäude bauen können - für mehr war kein Geld da, da dieses aufgrund des ungewollten Dauerkrieges ständig in Truppen investiert wurde.
Genauso lächerlich ist der Rückzug aus Gefechten. Früher konnte man einer fliehenden Armee auf der Kampagnenkarte nacheilen und diese erneut zum Kampf stellen und somit vernichten.
Nun ist es fast immer so, dass es die eigene Armee nach Rückzug des Gegners eben nichtmehr schafft diesen zu vernichten. Stattdessen kommt es oft zur Verfolgungsjagd, wobei man immer einen Schritt zu spät ist. Gerne erobert solch eine Armee auch mal ne Stadt ohne das man etwas dagegen unternehmen könnte. Speziell diesen Ablauf liebe ich: Gegnerische Armee zieht an meiner Stadt vorbei und will ins ungeschützte Hinterland. Ich greife mit meiner Armee aus der Stadt heraus an und der Feind flieht. Meine Armee ist nach der "Flucht" des Feindes bewegungsunfähig - kann also weder den Feind, noch die eigene Stadt erreichen. Beende ich die Runde, greift die vertriebene Armee meine Stadt an und erobert diese, weil die KI immer den direkten Weg sucht und nichtmehr belagert - toll!
Das alles erzeugt am Ende nurnoch Frust bei mir.
Nochmal zum Thema Weiterentwicklung und Neuerungen: Ich finde die neuen Stadtentwicklungsmöglichkeiten gut, da man so noch stärker überlegen muss welches Gebäude man wo bauen möchte.
Am besten sind jedoch die Talentsysteme, welche sogar Spezialeinheiten wie Ninjas usw wieder richtig spielenswert machen.
Andererseits kommen diese Neuerungen Jahre zu spät. Bereits bei diversen Mods für Rome und Medieval konnte man Rollenspielelement für Generäle entdecken. Auch die Karte finde ich nicht sonderlich berauschend. Klar, sie ist relativ schön anzusehen - überzeugt aber wohl eher Einsteiger die an die Serie gebunden werden sollen. Ich persönlich lege sehr viel Wert auf die Kampagnenkarte und deren spielerische Möglichkeiten. Hier sei jedem mal "Knights of Honor" ans Herz gelegt. Trotz 7 Jahre Unterschied hat es mit seiner Karte der Total War Reihe noch immer einiges voraus - auch wenn sich Shogun einen guten Schritt angenähert hat.
Letztendlich ist Shogun ein rundes Spiel dass vorallem Neueinsteiger erfreuen wird. Aufmachung und Inszenierung sind auch gewohnt erstklassig - aber ich als treuer Begleiter der Reihe hab mir von dem Remake des Serienteils, welchen ich leider nie spielen konnte, einfach mehr erwartet.
Zufrieden wäre ich aber, wenn der nächste Serienteil kein Remake darstellen sollte. Dann nämlich steht eine echte Revolution bevor - jedenfalls wenn das vermutete Szenario aufgegriffen wird.
Aber vorher werden wir wohl erstmal das chinesische Festland betreten dürfen...
Zur Grafik mag ich zum Schluss nicht viel sagen. Diese war nie ein Kritikpunkt der Serie, doch finde ich es lächerlich wie man in Vorabberichten nur mit neuen Bildern und Fakten zu dieser abgespeist wurde. Ich spiels nun auf den höchsten Einstellungen und bis auf die übertriebenen Blendeffekte auf den Rüstungen hab ich nix neues gesehen - vielleicht auch weil das Licht sich so extrem gespiegelt hat und jede Einheit aus langen, hellen Streifen bestand. Aber ohne diese würde sich die graue Strichmasse der Armee wohl kaum noch vom Untergrund (oder ganz gefürchtet: dem Wald) absetzen.
Aber lasst euch den Spaß nicht nehmen - unabhängig von all dem ists ja immernoch ein sehr gutes Spiel (und den Multiplayer-Modus hab ich noch garnicht angespielt).
Meine Erwartungen in Shogun 2 waren eigentlich schon mit dem Interview beendet, in dem einer der Entwickler damit angab wieviele neue Blumenarten doch jetzt auf dem Schlachtfeld zu finden seien...